Gedenktage 2021 ❘ Piroschka Ofner

„Jüdische Häftlinge im Salzgittergebiet“
Seminar mit Auszubildenden der Salzgitter Flachstahl GmbH
zur Gedenkstunde am 11. April 2021
Das letzte Erinnerungsstück: eine Brosche

Piroschka Loschitz wurde am 9. Juni 1902 in Stanisic, Österreich-Ungarn geboren. Sie war jüdischer Abstam­mung, die Familie mäßig religiös. Piroschka heiratete 1927 den Juristen Dr. Hugo Ofner. Ein Jahr später wur­de die gemeinsame Tochter Julika geboren. Sie lebten in Sombor, Jugoslawien. Drei Jahre nach der Geburt der Tochter verstarb Hugo Ofner an einem Herzinfarkt. Die 29-jährige Witwe übernahm erfolgreich das Handelsun­ternehmen ihres Mannes.

Eva Balog, deren Eltern mit den Ofners gut befreundet waren, berichtete später, dass die meisten Juden den Ernst der Lage nicht wahrhaben konnten. Im April 1944 begann dann die Ghettoisierung der jüdischen Bevölke­rung in Sombor.

Piroschka Ofner und ihre 16-jährige Tochter waren ge­meinsam mit Eva und ihrer Mutter in dem Deportations­zug, der am 29. April 1944 das Ghetto verließ.

Am 2. Mai 1944 kam der Transport im KZ Auschwitz an. Piroschka und Julika blieben für die ersten zwei Wo­chen zusammen, bis Julika mit anderen Frauen für einen Transport in das Außenlager Gleiwitz 2 ausgewählt wur­de. Mutter und Tochter wussten nicht, dass sie sich nie wieder sehen würden.

Eva Balogs Mutter wurde währenddessen in Auschwitz ermordet und so wurde ihre wichtigste Bezugsperson Piroschka.

Im August 1944 begann die Räumung des Lagers. Die Häftlinge wurden in andere KZ überstellt. Eva berichtete, dass sie zusammen mit Piroschka Ofner Ende Oktober einem Transport zugeteilt wurde, der am 2. November 1944 im KZ Bergen-Belsen ankam.

Sterbeurkunde

Eva und Piroschka waren etwa sechs Wochen dort, als sie Mitte Dezember in das zum KZ Neuengamme gehö­rende Außenlager SS-Reitschule überführt wurden. Die Unterkünfte befanden sich dort in einer ungenutzten Stallung auf dem Gelände an der Salzdahlumer Straße/Schefflerstraße.

Die Lebensumstände waren katastro­phal: Die Frauen schliefen auf dem Boden, auf dem nur ein bisschen Heu verstreut wurde; es gab weder Sanitär­anlagen noch Kleidung oder Essen. Ihre einzige Aufgabe war es, Trümmer in der zerstörten Braunschweiger In­nenstadt zu räumen.  Unter diesen Bedingungen und den Witterungsverhältnissen wurden die Häftlinge schnell krank und schwach, dies spürte auch Piroschka.

Am 6. März 1945 wurde sie gemeinsam mit Eva Balog in das KZ Watenstedt/Leinde eingeliefert, wo sie noch am selben Tag verstarb. Anschließend beerdigte man sie auf dem Friedhof Jammertal in Salzgitter. Als offizielle To­desursache wurde „Herz- und Kreislaufschwäche“ ange­geben. Eva berichtete hingegen, dass Piroschkas ganzer Körper mit offenen und entzündeten Wunden bedeckt war.

Sedat Topcu, MIM 20.5