Mosche U.

Sargkarte-Mosche-UDie Zeit vor der Inhaftierung
1922 bis 1940

Mosche U. wurde am 5. April 1922 in eine große, dem jüdischen Glauben eng verbundenen Familie, hinein geboren. Er wuchs mit fünf Schwestern und zwei Brüdern auf. Bei Kriegsausbruch lebte die Familie in der polnischen Stadt Lodz, die im September 1939 von deutschen Truppen besetzt wurde. Wegen der Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung verließen die Eltern mit den drei jüngeren Töchtern Lea, Brunia und Ranka, sowie dem jüngsten Sohn Avraham die Stadt. Sie flüchteten zum Großvater nach Piotrkow. Nach wenigen Tagen mussten sie jedoch auch dort in das eingerichtete Ghetto umsiedeln. Nach dessen Liquidation, im Oktober 1942, wurde die gesamte Familie in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort umgebracht.

Die Zeit während der Inhaftierung
1940 bis 1945

Mosche blieb zusammen mit dem fünf Jahre älteren Bruder Itzchak und den älteren Schwestern Luba und Zehawa in Lodz.

Auch die Geschwister mussten Anfang 1940 ins Ghetto umziehen. So schwer die dortigen Lebensverhältnisse auch waren, versuchten sie sich gegenseitig Halt zu geben. Luba heiratete im Ghetto sogar ihren langjährigen Freund und brachte 1942 eine Tochter zur Welt.
Im Frühjahr 1944 begannen die Deutschen das Ghetto aufzulösen. Bis Ende August 1944 blieben Mosche, sein Bruder und seine Schwestern im Ghetto Litzmannstadt, wie es die Deutschen nannten. Dann wurden auch sie zum Bahnhof geführt und in geschlossene Viehwaggons gepfercht. Der Deportationszug endete im KZ Auschwitz-Birkenau. Nach der Ankunft trennte man die Geschwister. Luba und ihre zweijährige Tochter wurde in den Gaskammern ermordet. Zehawa kam später in ein KZ-Außenlager nach Hainichen zur Zwangsarbeit und einen Monat vor Kriegsende in das Ghetto Theresienstadt. Dort wurde sie am 8. Mai 1945 befreit.

Mosche und Itzchak blieben zusammen. Sie wurden nach wenigen Tagen im KZ Auschwitz von Vertretern der Braunschweiger Büssing Werke ausgewählt, um in der dortigen Fabrik Zwangsarbeit zu leisten. Das KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig war 1944 noch im Aufbau, erst Ende Oktober war dieser beendet. Der Arbeitseinsatz der KZ-Häftlinge erfolgte in drei unterschiedlichen Abteilungen des Braunschweiger Werkes.
Die Brüder waren getrennt worden und sahen sich lediglich beim täglichen Zählappell am frühen Morgen. Itzchak erinnert sich, dass der jüngere Bruder nach nur wenigen Wochen die Kälte, die mangelhafte Ernährung und vor allem die schwere Arbeit nicht mehr aushielt.

Mosche U. war tagelang in einer Baracke, in der die Kranken höchstwahrscheinlich unversorgt untergebracht waren. Itzchak erinnert sich, dass sein Bruder eines Abends auf einer Trage abgeholt und abtransportiert wurde. Es war das letzte Mal, dass er ihn sah. Später erfuhr er, dass die Kranken in das KZ Watenstedt/Leinde gebracht worden waren. Als im März 1945 das Lager Schillstraße aufgelöst wurde und alle Häftlinge zu Fuß zum KZ Watenstedt/Leinde marschieren mussten, regte sich bei Itzchak U. die Hoffnung, dort den jüngeren Bruder wieder zu finden.
Er wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Mosche U. am 10. Januar 1945 gestorben war.

„Das Jammertal“ ❘ Gedicht