Tadeusz K.

Tadeusz-K._2011Die Zeit vor der Inhaftierung
1923 bis 1944

Am 25. Januar 1923 wurde Tadeusz K. als einziges Kind von Antonia und Stanisław K. in Warschau/Polen geboren. Hier verbrachte er gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Großvater seine Kindheit und Jugend.

Nach dem Ausbruch des Warschauer Aufstandes im August 1944 erließen die Deutschen strenge Verordnungen. Es gab Ausgangssperre, Arbeitseinsatz in Stadt, verstärkte deutsche Patrouillen und viele andere Aktionen der Besatzer. In Warschau hörte man schon die näherrückende Front. Die Polen hofften auf ein baldiges Ende der Besatzung. Doch Ende August wurde angeordnet, dass alle Männer bis 50 Jahren ihre Wohnungen verlassen, sich für eine längere Reise ausstatten und bei den Deutschen melden müssen. Sollte jemand der Anordnung nicht nachkommen und sich im Haus verstecken, drohte man dieses in Brand zu setzen.

Die Zeit während der Inhaftierung
1944 bis 1945

Der inzwischen 53-jährige Vater Stanisław ging mit seinem Sohn, da er diesen nicht alleine lassen wollte.
Die deutsche Regierung ordnete unterdessen an, alle arbeitsfähigen Männer direkt in Konzentrationslager einzuweisen, da ihnen kollektiv die Unterstützung der polnischen Aufständischen unterstellt wurde.

Nachdem sich Vater und Sohn K. gemeldet hatten, kamen sie am 31. August 1944 in das Durchgangslager Pruszkow bei Warschau. Dort wurden sie einem Transport in das KZ Stutthoff bei Danzig zugeteilt. Erstmals erlebten sie die Erniedrigungen im Konzentrationslager. Nur wenige Tage später überstellte die SS mehrere Hundert Häftlinge zum KZ Neuengamme. Auch Stanisław K. und sein Sohn Tadeusz waren dabei.

Sie erhielten am 5. September 1944 die Neuengammer Häftlingsnummern 46118 und 46119. Schon nach wenigen Tagen Quarantäne kamen Vater und Sohn mit einem Transport in das KZ Watenstedt/Leinde. Dort sollten sie in einem Arbeitskommando in den Stahlwerken Braunschweig eingesetzt werden. Stanisław K. war Fabrikarbeit nicht gewohnt, doch er hatte Glück, da er mit einem hilfsbereiten deutschen Häftling zusammen-
arbeitete. Dennoch waren die körperlich schwere Arbeit und die Lebensbedingungen im KZ für ihn kaum zu ertragen und er wurde immer schwächer.

Ende Januar 1945 plagten den 54-Jährigen schwere Unterleibskrämpfe. Zwar musste Stanisław K. am nächsten Tag nicht in die Fabrik marschieren, aber er wurde im Lager zum Saubermachen eingesetzt. Am Abend waren die Schmerzen so stark, dass Tadeusz seinen Vater in das Krankenrevier schleppte. In der Hoffnung auf Hilfe trennten sich die Vater und Sohn.
Am folgenden Tag, dem 31. Januar 1945, starb Stanisław K. an einer Thrombose.

Mit der Evakuierung des Lagers in der Nacht vom 7. auf den 8. April 1945 gelangte Tadeusz ins KZ Ravensbrück, wo ihn sowjetische Truppen befreiten. Zu Fuß und per Bahn schlug er sich wieder nach Warschau durch. Mutter und Großvater waren jedoch nicht mehr am Leben.

Die Zeit nach der Inhaftierung
1945 bis 2012

Nach dem Krieg begann Tadeusz ein Musikstudium und lernte seine Ehefrau kennen. Die erste Tochter wurde geboren. Im Jahr seines Studienabschlusses 1951 starb seine Ehefrau. In den folgenden Jahren arbeitete er zunächst als Musiklehrer, absolvierte dann aber noch ein Pädagogikstudium, um anschließend in der Musiklehrerausbildung tätig zu werden. Die Musik half ihm, seine Erlebnisse während der Haftzeit und den Verlust seiner Familie zu verarbeiten.
1958 heiratete er Barbara Brzezińska. Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor, die wie ihre Eltern sehr der Musik verbunden sind. Sie haben an der Frederik Chopin Akademie Musik studiert und spielen Geige, Viola und Bratsche in unterschiedlichen Ensembles, z.B. an der National Philharmonie in Warschau.

Ende der 90iger Jahre kam Tadeusz zum ersten Mal nach dem Krieg wieder nach Salzgitter und erfuhr, dass sein Vater auf dem Friedhof Jammertal ein Grab hat. In den kommenden Jahren besuchte er den Sterbeort seinen Vaters noch einige Male und hielt intensiven Kontakt mit dem Arbeitskreis Stadtgeschichte e.V.
Im Juli 2012 verstarb Tadeusz K. im Alter von 89 Jahren in Warschau.

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